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Heft 3/2021
Heft 3/2021
Ein raum-zeitliches Deformationsmodell für Laserscanning-Punktwolken
Kurzfassung
Mit dem Einzug des terrestrischen Laserscanners in die Ingenieurgeodäsie steht seit einigen Jahren ein vielversprechendes Messinstrument für die Durchführung von geodätischen Überwachungsmessungen zur Verfügung. Trotz des häufigen Einsatzes von terrestrischen Laserscannern im Rahmen von Überwachungsmessungen stellt die anschließende Auswertung der erfassten Daten, die punktwolkenbasierte Deformationsanalyse, immer noch eine Herausforderung dar. In diesem Beitrag wird ein raum-zeitliches Deformationsmodell vorgestellt, das eine Reihe von offenen Fragestellungen der punktwolkenbasierten Deformationsanalyse löst. Die Grundidee des entwickelten Ansatzes ist die Interpretation der Deformation als Realisierung eines raum-zeitlichen stochastischen Prozesses, womit die Modellierung des erfassten und sich deformierenden Objektes mit Hilfe dreier Anteile möglich wird: Ein deterministischer Trend repräsentiert das nicht-deformierte Objekt, ein stochastisches Signal beschreibt den lokal homogenen stochastischen Deformationsprozess und ein stochastisches Messrauschen berücksichtigt Unsicherheiten, die durch den Messprozess verursacht werden. Durch die stochastische Modellierung der Deformationen ist es nicht notwendig, Punktkorrespondenzen in unterschiedlichen Messepochen zu definieren. Ergebnis der durchgeführten Fläche-zu-Fläche-Vergleiche sind interpretierbare Verschiebungsvektoren.
Abstract
With the increased use of the terrestrial laser scanner in engineering geodesy, a promising measurement instrument for performing geodetic monitoring tasks has been available for several years. Despite the frequent use of terrestrial laser scanners in the context of monitoring tasks, the subsequent analysis of the acquired data, the point cloud-based deformation analysis, still poses a challenge. In this paper, a spatio-temporal deformation model that solves a number of open issues in point cloud-based deformation analysis is presented. The basic idea of the developed approach is to interpret the deformation as the realization of a spatio-temporal stochastic process, thus allowing for the modeling of the acquired object by means of three components. A deterministic trend represents the non-deformed object, a stochastic signal describes the locally homogeneous stochastic deformation process, and a stochastic measurement noise accounts for uncertainties caused by the measurement process. Due to the stochastic modeling of the deformations, it is not necessary to define point correspondences in different measurement epochs. The results of the surface-to-surface comparison conducted are interpretable displacement vectors.
Mit dem Einzug des terrestrischen Laserscanners in die Ingenieurgeodäsie steht seit einigen Jahren ein vielversprechendes Messinstrument für die Durchführung von geodätischen Überwachungsmessungen zur Verfügung. Trotz des häufigen Einsatzes von terrestrischen Laserscannern im Rahmen von Überwachungsmessungen stellt die anschließende Auswertung der erfassten Daten, die punktwolkenbasierte Deformationsanalyse, immer noch eine Herausforderung dar. In diesem Beitrag wird ein raum-zeitliches Deformationsmodell vorgestellt, das eine Reihe von offenen Fragestellungen der punktwolkenbasierten Deformationsanalyse löst. Die Grundidee des entwickelten Ansatzes ist die Interpretation der Deformation als Realisierung eines raum-zeitlichen stochastischen Prozesses, womit die Modellierung des erfassten und sich deformierenden Objektes mit Hilfe dreier Anteile möglich wird: Ein deterministischer Trend repräsentiert das nicht-deformierte Objekt, ein stochastisches Signal beschreibt den lokal homogenen stochastischen Deformationsprozess und ein stochastisches Messrauschen berücksichtigt Unsicherheiten, die durch den Messprozess verursacht werden. Durch die stochastische Modellierung der Deformationen ist es nicht notwendig, Punktkorrespondenzen in unterschiedlichen Messepochen zu definieren. Ergebnis der durchgeführten Fläche-zu-Fläche-Vergleiche sind interpretierbare Verschiebungsvektoren.
Abstract
With the increased use of the terrestrial laser scanner in engineering geodesy, a promising measurement instrument for performing geodetic monitoring tasks has been available for several years. Despite the frequent use of terrestrial laser scanners in the context of monitoring tasks, the subsequent analysis of the acquired data, the point cloud-based deformation analysis, still poses a challenge. In this paper, a spatio-temporal deformation model that solves a number of open issues in point cloud-based deformation analysis is presented. The basic idea of the developed approach is to interpret the deformation as the realization of a spatio-temporal stochastic process, thus allowing for the modeling of the acquired object by means of three components. A deterministic trend represents the non-deformed object, a stochastic signal describes the locally homogeneous stochastic deformation process, and a stochastic measurement noise accounts for uncertainties caused by the measurement process. Due to the stochastic modeling of the deformations, it is not necessary to define point correspondences in different measurement epochs. The results of the surface-to-surface comparison conducted are interpretable displacement vectors.
Keywords/Schlüsselwörter
B-Spline-Flächen Deformationsanalyse Kollokation nach kleinsten Quadraten Laserscanning lokal homogene stochastische Prozesse
B-Spline-Flächen Deformationsanalyse Kollokation nach kleinsten Quadraten Laserscanning lokal homogene stochastische Prozesse
PDF-Download
VGI_202106_Harmening.pdf
VGI_202106_Harmening.pdf
Das Macroseismic Sensor Projekt
Kurzfassung
Nehmen Menschen unerwartet Erschütterungen wahr, wollen sie rasch Auskunft über die Natur und Reichweite der Quelle sowie mögliche Gefährdungen und Schäden. Beschränkt auf das Erdbebengebiet des südlichen Wiener Beckens tragen die Daten des Macroseismic Sensor (MSS) Netzes und deren Nahe-Echtzeit Visualisierung im Internet zur raschen Beantwortung dieser Fragen bei. Die aktuelle seismische Aktivität an den einzelnen Stationen kann auf der MSS-Homepage über Symbole auf einer Karte und ausgewählte Zeitreihen mitverfolgt werden. Möglicherweise fühlbare seismische Ereignisse werden als solche erkannt und archiviert. Unterschiedliche Visualisierungen sind innerhalb einer Minute verfügbar und unterstützen die Klassifizierung dieser Ereignisse als Erdbeben, Steinbruchsprengung oder zufälliges, raumzeitliches Zusammentreffen lokaler Erschütterungen. Der Zusammenhang zwischen den Daten des MSS-Netzes und makroseismisch, auf der Basis von Wahrnehmungsberichten ermittelten Intensitäten (EMS-98) stellt ein zentrales Thema des Projektes dar. Die Messdaten der Bebenserie im südlichen Wiener Becken im Frühjahr 2021 erweitern und festigen diesen Zusammenhang. Weiter modellieren wir die Abhängigkeit von seismischen Amplituden und Laufzeiten von der Entfernung zum Erdbebenherd, lokalisieren Erdbeben auf der Basis dieser Beziehungen und berechnen als Quellstärke die Magnitude MSS_M. Letztere ist mit der Magnitude ML des Österreichischen Erdbebendienstes an der ZAMG hoch korreliert. Die Lokalisierungen über Laufzeiten sind hinsichtlich ihrer Genauigkeit vergleichbar mit den Lokalisierungen durch die ZAMG. Messdaten und Magnituden von Steinbruchsprengungen haben sowohl bei Anrainer*innen als auch Steinbruchbetreibern Beachtung gefunden. Schwinggeschwindigkeiten an Gebäuden interessieren besonders deren Bewohner*innen, die Kenntnis der Magnitude unterstützt den Steinbruchbetreiber bei der Optimierung eines Sprengschemas hinsichtlich Erschütterungen.
Abstract
People sensing unexpected ground shaking want swift information about the nature of the source, the extent of the shaking, and about potential damage and hazards. A low-cost seismic sensor network, the Macroseismic Sensor (MSS) network has been established in the southern Vienna basin area with the objective to meet this demand. Network data and near-realtime visualizations accessible in the internet provide a quick response to people left curious or insecure by the ground shaking. The actual ground motions at MSS stations are visualized by station markers on a map, and the ground velocity time series recorded at selected MSS stations from the past 10 minutes may be displayed. Seismic events (e.g. earthquakes or quarry blasts) actually or possibly felt in the area of the MSS network are detected and the relevant data is archived. Different modes of visualization of these events are available within one minute and support the classification of the event as an earthquake, a quarry blast or as a random coincidence of very local disturbances. The relationship between MSS data and macroseismic intensities (EMS-98) derived from reports about felt ground motions and their effects poses a central scientific goal of the MSS project. An exceptionally dense and strong earthquake series occurred in the southern Vienna basin during spring of 2021. This data consolidated and extended the above mentioned relationship significantly. We also modelled the dependence of seismic amplitudes and travel times on hypocentral distances and localized earthquakes in the spring 2021 series, implementing these models. An additional outcome of the localizations based on amplitudes is the magnitude MSS_M, which is linearly dependent on and highly correlated with ML, the local magnitude determined by the Seismological Service of Austria at ZAMG. The localization accuracy using the MSS travel time data is at the level of the ZAMG localizations. Quarry operators as well as residents in buildings near a quarry developed interest in the MSS project, where the seismic load on their buildings is most relevant for the nearby residents. Quarry operators use the magnitude MSS_M to optimize the blasting pattern with regards to seismic emissions.
Nehmen Menschen unerwartet Erschütterungen wahr, wollen sie rasch Auskunft über die Natur und Reichweite der Quelle sowie mögliche Gefährdungen und Schäden. Beschränkt auf das Erdbebengebiet des südlichen Wiener Beckens tragen die Daten des Macroseismic Sensor (MSS) Netzes und deren Nahe-Echtzeit Visualisierung im Internet zur raschen Beantwortung dieser Fragen bei. Die aktuelle seismische Aktivität an den einzelnen Stationen kann auf der MSS-Homepage über Symbole auf einer Karte und ausgewählte Zeitreihen mitverfolgt werden. Möglicherweise fühlbare seismische Ereignisse werden als solche erkannt und archiviert. Unterschiedliche Visualisierungen sind innerhalb einer Minute verfügbar und unterstützen die Klassifizierung dieser Ereignisse als Erdbeben, Steinbruchsprengung oder zufälliges, raumzeitliches Zusammentreffen lokaler Erschütterungen. Der Zusammenhang zwischen den Daten des MSS-Netzes und makroseismisch, auf der Basis von Wahrnehmungsberichten ermittelten Intensitäten (EMS-98) stellt ein zentrales Thema des Projektes dar. Die Messdaten der Bebenserie im südlichen Wiener Becken im Frühjahr 2021 erweitern und festigen diesen Zusammenhang. Weiter modellieren wir die Abhängigkeit von seismischen Amplituden und Laufzeiten von der Entfernung zum Erdbebenherd, lokalisieren Erdbeben auf der Basis dieser Beziehungen und berechnen als Quellstärke die Magnitude MSS_M. Letztere ist mit der Magnitude ML des Österreichischen Erdbebendienstes an der ZAMG hoch korreliert. Die Lokalisierungen über Laufzeiten sind hinsichtlich ihrer Genauigkeit vergleichbar mit den Lokalisierungen durch die ZAMG. Messdaten und Magnituden von Steinbruchsprengungen haben sowohl bei Anrainer*innen als auch Steinbruchbetreibern Beachtung gefunden. Schwinggeschwindigkeiten an Gebäuden interessieren besonders deren Bewohner*innen, die Kenntnis der Magnitude unterstützt den Steinbruchbetreiber bei der Optimierung eines Sprengschemas hinsichtlich Erschütterungen.
Abstract
People sensing unexpected ground shaking want swift information about the nature of the source, the extent of the shaking, and about potential damage and hazards. A low-cost seismic sensor network, the Macroseismic Sensor (MSS) network has been established in the southern Vienna basin area with the objective to meet this demand. Network data and near-realtime visualizations accessible in the internet provide a quick response to people left curious or insecure by the ground shaking. The actual ground motions at MSS stations are visualized by station markers on a map, and the ground velocity time series recorded at selected MSS stations from the past 10 minutes may be displayed. Seismic events (e.g. earthquakes or quarry blasts) actually or possibly felt in the area of the MSS network are detected and the relevant data is archived. Different modes of visualization of these events are available within one minute and support the classification of the event as an earthquake, a quarry blast or as a random coincidence of very local disturbances. The relationship between MSS data and macroseismic intensities (EMS-98) derived from reports about felt ground motions and their effects poses a central scientific goal of the MSS project. An exceptionally dense and strong earthquake series occurred in the southern Vienna basin during spring of 2021. This data consolidated and extended the above mentioned relationship significantly. We also modelled the dependence of seismic amplitudes and travel times on hypocentral distances and localized earthquakes in the spring 2021 series, implementing these models. An additional outcome of the localizations based on amplitudes is the magnitude MSS_M, which is linearly dependent on and highly correlated with ML, the local magnitude determined by the Seismological Service of Austria at ZAMG. The localization accuracy using the MSS travel time data is at the level of the ZAMG localizations. Quarry operators as well as residents in buildings near a quarry developed interest in the MSS project, where the seismic load on their buildings is most relevant for the nearby residents. Quarry operators use the magnitude MSS_M to optimize the blasting pattern with regards to seismic emissions.